
Geschichte
Geschichte des ZfP Reichenau /
1913
Das Zentrum für Psychiatrie Reichenau wurde 1913 als Badische Heil- und Pflegeanstalt bei Konstanz gegründet.
Es war zunächst eine Einrichtung zur Betreuung von psychisch kranken Menschen.
Die Klinik war baulich deutlich sparsamer ausgestattet als die Anstalten in Illenau (bei Achern) und Wiesloch (bei Heidelberg), profitierte jedoch bis 1933 von Anstaltsdirektoren, die eine sehr fortschrittliche Kombination aus Psychotherapie und Sozialpsychiatrie vertraten. Hierbei war die Nähe zu den bedeutenden Psychiatern Eugen Bleuler und Hans Wolfgang Maier in Zürich wie zu dem Psychoanalytiker, Philosophen und Psychiater Ludwig Binswanger in Kreuzlingen für alle Seiten sehr befruchtend. Man traf sich regelmäßig im Rahmen einer wissenschaftlichen Vortragsgesellschaft.
1924
Maximilian Thumm wird Direktor der Heil- und Pflegeanstalt und führt eine Kombination aus aktiver Therapie, Arbeitstherapie, Frühentlassung und ambulanter Nachsorge ein.
- Im heutigen Haus 10 richtete er eine Behandlungsstation für alkoholkranke Männer ein, eine der ersten derartigen Einrichtungen in einer psychiatrischen Klinik in Mitteleuropa.
- 1933 wurde Thumm aus politischen Gründen seines Amtes enthoben. Das von ihm etablierte System diente fortan der Kontrolle sowie der Eugenik als therapeutischen Zielsetzungen.
1941
Die Klinik wird geschlossen und anderweitig verwendet.
508 Patient:innen wurden im Rahmen des "Euthanasie"-Programms umgebracht.
Am 02. April 1941 wurde in der Anstalt eine nationalpolitische Erziehungsanstalt (Napola) für Jungen eingerichtet, die bis zum Kriegsende 1945 einen Großteil der Gebäude nutzte.
Das Bild zeigt junge Männer beim Mittagsappell der Napola.

In den letzten Wochen des II. Weltkrieges wurden Lazarette und Laboratorien (siehe links) in Gebäuden der Reichenau eingerichtet.
Die damalige Anstalt wurde von den Franzosen als Kriegslazarett genutzt. Ebenso wurden Flüchtlinge untergebracht und die Häuser dienten teilweise als Erholungseinrichtung.
1949
Am. 01. Dezember 1949 wurde die Psychiatrie offiziell Wiedereröffnet.
Nach der Wiedereröffnung wurde das fachliche Niveau der Weimarer Zeit lange Zeit nicht erreicht. Wie in anderen Kliniken dominierten Schlafkuren, überfüllte Wachsäle und häufig schlecht qualifiziertes Personal den Alltag.
1950
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fand eine langsame Aufarbeitung der NS-Verbrechen statt, und die Klinik begann sich in den 1950er und 1960er Jahren schrittweise zu modernisieren.
In den späten sechziger Jahren, unter der Leitung von Professor Siedow und Dr. Faulstich, wurden deutliche bauliche aber auch qualitative Verbesserungen eingeleitet. So zum Beispiel der Neubau von Haus 2 im Jahr 1968 (Bild rechts).
- Die psychologische Abteilung der Universität Konstanz richtete eine Spezialstation ein - zunächst für suchtkranke Frauen, später für schizophrene Frauen und Männer. Die Station wird heute noch betrieben.
- Insgesamt entwickelte sich die Psychiatrie in Deutschland zu dieser Zeit im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern nur sehr langsam. Durch die Annäherung der Nachbarstaaten (Europäische Gemeinschaft) wurde die Bundesrepublik jedoch gezwungen, in kurzer Zeit diese Rückstände aufzuholen.
1975
In 1975 wurde eine Bestandsaufnahme der deutschen Psychiatrie durch den Bundestag veranlasst (Psychiatrie-Enquete). Diese führte zu einer Reform der psychiatrischen Versorgung. Dezentralisierung, ambulante Versorgung und die Integration psychisch kranker Menschen in die Gesellschaft wurden verstärkt gefördert.
Das ZfP Reichenau wandelte sich in den folgenden Jahren zunehmend zu einem modernen psychiatrischen Zentrum, das auf Therapie, Rehabilitation und soziale Integration setzt.
In den siebziger und achtziger Jahren folgte die Gründung spezialisierter Stationen mit überregionalem Ruf (Depressionsstation, Psychotherapiestation, Weiterbehandlungsstation für Schizophrene).
In den neunziger Jahren wurden die allgemeinpsychiatrischen Aufnahmestationen grundlegend reformiert (Geschlechter-Durchmischung, Regionalisierung, Einführung psychotherapeutischer Elemente, Öffnung von Stationen).
Durch die Sozialarbeit intensivierte sich der Kontakt mit den verschiedenen ambulanten Diensten und es wurden jährliche Treffen mit den niedergelassenen Ärzt:innen eingeführt.
Über Landesregelungen entstanden in Baden-Württemberg Sozialpsychiatrische Dienste für die ambulante und vor-/nachstationäre Versorgung von psychisch Kranken.
1996
Am 01. Januar 1996 wurde das Psychiatrische Landeskrankenhaus Reichenau durch das Gesetz zur Errichtung der Zentren für Psychiatrie (EZPsychG) in eine eigenständige Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt. Daraus entstand das Zentrum für Psychiatrie Reichenau, heute als ZfP bekannt.
2000
Seit dem Jahr 2000 ist das ZfP "Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Konstanz". Das ZfP Reichenau ist wichtiger Bestandteil der regionalen Versorgungsstrukturen für psychische und psychosomatische Erkrankungen und ambulante, teilstationäre und vollstationäre Pflegeeinrichtungen.
- Eröffnung der Tagesklinik Bad Säckingen im Jahr 2000
- Seit 2004 ist das Zentrum für Psychiatrie Reichenau Träger der Suchtmedizinischen Tagesklinik für Alkohol- und Medikamentenabhängige in Konstanz
- 2005 Aufbau eines Suchthilfeverbundes im Landkreis Konstanz (Modellprojekt) und 2008 im Landkreis Waldshut
- 2005 Eröffnung der Tagesklinik Singen
- 2012 Inbetriebnahme des Psychiatrischen Behandlungszentrums (PBZ) Waldshut-Tiengen
- 2015 öffnet die Akut-Tagesklinik Reichenau und das Modellprojekt Supported Employment wird initiiert
- 2018 Eröffnung der Psychotherapeutischen Tagesklinik Konstanz
2024
Heute ist das ZfP Reichenau "Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Konstanz" und ein modernes Zentrum für Psychiatrie mit verschiedenen Abteilungen für Erwachsene, Jugendliche und Suchtkranke.
Wir legen Wert auf ganzheitliche Therapiekonzepte und setzen auf eine enge Zusammenarbeit mit ambulanten Einrichtungen.