Führung neu gedacht: Chefärztliches Jobsharing in der Klinik für Alterspsychiatrie
Die Erfolgsgeschichte begann, als sich Uta Fischer und Caroline Wolf am ZfP Reichenau kennenlernten. „Wir haben schon im ersten Jahr unserer Zusammenarbeit gemerkt, dass es persönlich und fachlich zwischen uns passt“, erzählt Uta Fischer. Die damaligen Oberärztinnen in Teilzeit erkannten schnell das Potenzial von Jobsharing und konnten ihren Arbeitgeber von einem Team-Chefärztinnen-Modell überzeugen.
Ein Modell mit vielen Vorteilen
„Jobsharing ermöglicht, Verantwortung auf mehr als zwei Schultern zu tragen und organisatorische Aufgaben zu verteilen“, erklärt Caroline Wolf. Dies stelle nicht nur eine Entlastung dar, sondern gebe den Ärztinnen auch die Gelegenheit, ihr Potenzial zu entfalten und sich auf ihre jeweiligen Stärken zu konzentrieren. Während Caroline Wolf ihren Fokus auf Ethik und Palliativmedizin richtet, liegt der Schwerpunkt von Uta Fischer auf der somatisch-neurologischen Seite mit Elektrokonvulsionstherapie (EKT) und Gedächtnissprechstunde. So decken die beiden Chefärztinnen die komplette Bandbreite der Erkrankungen in der Alterspsychiatrie ab.
Ein deutlicher Mehrwert des Modells ist auch die verbesserte Work-Life-Balance. Die gegenseitige Unterstützung und zuverlässige Vertretung im Führungsduo fördert Erholungs- und Entspannungsphasen. „Diesen Vorteil bemerken nicht nur wir, sondern auch unsere Familien“, so Caroline Wolf.
Perspektivenvielfalt und Diversität
Sowohl Teammitglieder als auch das ZfP Reichenau als Arbeitgeber profitieren von der doppelten Expertise und den unterschiedlichen Perspektiven. „Mitarbeitende aller Bereiche schätzen es, dass immer eine Ansprechpartnerin der Klinikleitung anwesend ist und dass auch in Urlaubszeiten drängende Anliegen vorgetragen und geklärt werden können“, berichtet das Führungstandem. Der intensive Austausch miteinander gibt den Chefärztinnen zudem die Gelegenheit, noch stärker zu reflektieren, was zu besseren Ergebnissen und ausgereifteren Entscheidungen führt. Uta Fischer ist sich sicher: „Die Möglichkeit, Mitarbeitergespräche gemeinsam führen zu können und fachliche Fragen miteinander zu diskutieren, steigert das Innovationspotenzial. Als Führungskraft hat man dadurch auch eine ganz andere Lern- und Entwicklungskurve.“
Die Voraussetzungen für erfolgreiches Jobsharing
Nach knapp einem Jahr geteilter Führungsverantwortung, geprägt von intensiver Recherche und regem Austausch mit anderen ärztlichen Kolleginnen und Kollegen, benennt das Duo folgende Punkte als grundsätzliche Voraussetzungen für ein erfolgreiches Jobsharing:
- Bereitschaft des Arbeitgebers
Die Geschäftsführung des ZfP Reichenau war von Anfang an grundsätzlich aufgeschlossen dafür. „Es gab nie grundlegende Bedenken“, erzählt Uta Fischer. Den beiden ist es gelungen, die Vorteile des neuen Arbeitsmodells für alle Beteiligten deutlich zu machen und sie konnten sich damit gegen – auch internationale – Konkurrenz durchsetzen. - Gegenseitiges Vertrauen
Dieser Punkt ist die wichtigste Grundlage laut Uta Fischer und Caroline Wolf. Die Beteiligten sollten sich auch nicht davor scheuen, gegebenenfalls gemeinsames Coaching oder Supervision zu nutzen. - Gleiche Haltung in grundsätzlichen Fragen
Damit ein Führungstandem gut zusammenarbeitet, ist nicht nur die Sympathie zwischen den Parteien relevant. Auch Arbeitshaltung und Werteverständnis sollten zueinander passen. - Klare Zuständigkeiten
Es habe sich bewährt, in bestimmten Bereichen klare Zuständigkeiten festzulegen und diese Verteilung im Laufe der Tätigkeit auch immer wieder zu evaluieren. „Von allen befragten Personen, die bereits im Jobsharing arbeiten, erhielten wir die Empfehlung, insbesondere über Personalfragen und Finanzen gemeinsam zu entscheiden“, erklärt Caroline Wolf. - Regelmäßiges Abstimmen und eine offene Gesprächskultur
Für die Arbeit in einer geteilten Führungsposition sind regelmäßige Abstimmungen und kurze Kommunikationswege essenziel. Das Duo Fischer-Wolf setzt dabei vor allem auf feste Besprechungstermine, gemeinsam genutzte Ordner auf dem Klinikrechner, in denen abgelegt wird, was beide angeht, und die Angewohnheit, in oder nach Besprechungen mit dritten Personen ein kurzes Protokoll anzufertigen. Ergänzt wird die Gesprächsbasis durch eine offene, vertrauensvolle und respektvolle Kommunikation.
Allen, die mit einer Doppelspitze liebäugeln, empfiehlt das Duo, es zu probieren. „Machen – auf jeden Fall“, so Uta Fischer. „Wir glauben an unser Modell. So macht es einfach mehr Spaß.“ „Es lohnt sich“, betont auch Caroline Wolf, „man sollte sich nicht von Sorgen und Bedenken aufhalten lassen.“